Sammeln. Verwahren. Konservieren. Ausstellen. – gewollt oder ungewollt? Heimo Bachstein erlaubt uns einen Einblick in seine Welt und in seine Art und Weise zu sammeln.
Die von uns heruasgesuchten Exponate bilden zusammen ein Kollektiv, welch es zu entschlüsseln gilt. An verschiedenen Orten aufbewahrt, ergeben sie in der Gemeinschaft eine Art Zusammengehörigkeit. Sie ermöglichen einen Einblick in die Entwicklung der Trickfilmwelt und Heimo Bachsteins Versuche, die Entstehung von Trickfilmen nachzuvollziehen und selbst zu entwickeln. Aus diesem Grund wurden die gefundenen Objekte nach Aby Warburgs »Prinzip der guten Nachbarschaft« zusammengebracht und folgen dem »Prinzip der guten Freundschaft« – Trage zusammen, was zusammengehört und bilde daraus deine thematische Symbiose.
Exponate:
I.1 Daumenkinos: Baccanal von Shamus Culhane, puplished by La Cinémathèque canadienne No. 1 of 12, Montréal (1967); 1ére Cigarette von Emile Cohl, puplished by La Cinémathèque canadienne No. 12 of 12, Montréal (1967); Chute d’un chat tenu les pattes en l’air von Etienne-Jules Marey, puplished by Association des Amis de Marey (1984) (anzusehen hier)
I.2 Postkarten: Fotokopien von der Ausstellung Media Magica I – Was geschah wirklich zwischen den Bildern von Werner Nekes
I.3 John Oxberry´s Minamation Field Guide – Werkzeug zur Herstellung von Animationsfilmen
I.4 Zeichenvorlagen für Ihr Trickfilmstudio, Bogen 7- die Eisenbahnfahrt; Bogen 8 – die Autofahrt von Gerhard Ludewig – gefaltete DinA3 – Bögen
I.5 Cine Fresh, Filmkonservierungsmittel der Firma Ciba Photochemie
Mit den ausgestellten Exponaten lässt sich nicht nur die Entwicklung des Trickfilms, sondern auch eine Geschichte der Bewegung erzählen. Die Illusion der Bewegung ist das verzaubernde Element des Kinos und provoziert möglicherweise die Faszination, welche auch Heimo Bachstein zu einem cinephilen Enthusiasten machte.
Richtungsgebend für die Auswahl der Exponate war das von Aby Warburg benannte »Prinzip der guten Nachbarschaft«, welches bezüglich diesem Konglomerat an Objekten treffender als »Prinzip der guten Freundschaft« bezeichnet werden könnte. Dadurch, dass sich die Gegenstände quer durch die Jahre der Filmgeschichte bewegen, befinden sie sich zwar nicht in direkter historischer Nachbarschaft. Dennoch soll nach dem Motiv der Bewegung und aufgrund der Tatsache, dass sie alle Teil der Sammlung Bachsteins sind, der Versuch unternommen werden, sie freundschaftlich zueinander in Beziehung zu setzten.
Der chronologischen Entstehung folgend, wären die ersten zu präsentierenden Objekte die Daumenkinos, wenngleich es sich bei diesen um neuere Exemplare handelt, welche anlässlich der Weltausstellung 1967 in Montreal produziert wurden und aufgrund ihrer Seltenheit einen hohen Wert besitzen. Denn das Daumenkino gehörte zu einem der ersten Vorläufer des Kinos. Durch die Bewegungsillusion erfährt der Betrachter eine Bewusstseinstäuschung – nur im Kopf entsteht der Bildfluss. Joseph Antoine Ferdinand Plateau definierte dieses Phänomen 1836 als den »Stroboskopischen Effekt«, welcher sich während des Aufflackerns der einzelnen Bilder innerhalb weniger Sekunden einstellt.
Auch Werner Nekes kann zu diesen Faszinierten gezählt werden. Mit seiner Sammlung von Illusionsmaschinerien stellte er Ausstellungen unter dem Titel »Was geschah zwischen den Bildern« zusammen. Die Fotokopien jener Exponate finden sich ebenfalls im Schaukasten und stellen in ihrer Masse die Vielfältigkeit der damaligen Erfindungen dar. Die gewohnten Wahrnehmungsprozesse wurden zu jener Zeit vollkommen infrage gestellt und erregen bis heute das Interesse vieler Filmbegeisterter.
Erfolgt eine weitere Bewegung auf der Zeitleiste der Filmgeschichte, fällt die mit schwarzem Metall umrandete Glasscheibe ins Auge. Sie war ein elementarer Bestandteil für die Entstehung des Trickfilmes. Der Name John Oxberry, Erfinder dieses und vieler anderer Werkzeuge, stand 1970 für die besten Maschinen zur Trickfilmproduktion. Er war jedoch auch jener Mann, der die Produktion von Trickfilmen von der Filmindustrie ablöste und für den privaten Gebrauch zugänglich machte. Jeder Animationsinteressierte konnte mithilfe seiner Entwicklungen eigene Home-Trickfilme erstellen.
Möglicherweise erklärt sich durch eben diese Tatsache, wieso sich der Oxberry’s Minamation Field Guide in der Sammlung wiederfindet. Schließlich war auch Bachstein jemand, der sich nicht in der Liga der großen Filmemacher bewegte, sondern mit einfachen Mitteln seiner cinephilen Leidenschaft nachging.
Ein weiteres Indiz für Bachsteins Vorliebe für den Trickfilm, sind die Zeichenvorlagen für ihr Trickfilmstudio, mit welchen eine Auto- und eine Eisenbahnfahrt gestaltet werden können. Hersteller dieser Bögen war Gerhard Ludewig, Gründer des 1967 entstandenen Animationsstudios Ludewig.
Der letzte zu erwähnende Gegenstand sind die Filmkonservierungsmittel »Cine Fresh« der Firma Ciba Photochemie. Sie schlagen einen Bogen zum Titel dieses Ausstellungsteils, denn sie spiegeln die Funktion des Bewahrens wider.
Bachstein war nicht nur Entdecker vieler verschiedenen Gegenständen der Filmhistorie, sondern ebenso ein Erschaffer – von Kontakten zu wichtigen Personen des Filmgeschäfts, über eigene Filme bis hin seiner bemerkenswerten Sammlung und – nicht zu vergessen – einem Wissenskonstrukt, an welchem wir, die Kuratoren der Sammlung, teilhaben dürfen.
Anna Hardock und Sarah Hertam
Hier der Link zum Ausstellungs-Flyer zum Ausdrucken und Nachlesen: Erschaffen. Entdecken. Bewahren. – Einblicke in die Entwicklung des Trickfilms (PDF, 106 KB)